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Anordnung betreffend Fotografieren während des Gottesdienstes

Vom 12. Februar 1978/19. März 1990

(GVBl. 19. Band, S. 54)

Mit Zustimmung des Ausschusses für Gemeindedienst erlässt der Oberkirchenrat folgende Verfügung:
Fast alle Kirchen haben bei uns nach 1945 angeordnet, dass während gottesdienstlicher Handlungen in der Kirche nicht fotografiert werden darf. Im Laufe der Jahre hat es sich aber herausgestellt, dass das Verbot nicht strikt durchzuführen ist. Bei Amtshandlungen mit sogenannten Prominenten wurde fotografiert. Das Fernsehen kam in den Gottesdienst und auch die Sakramentsfeier wurde mit hineingenommen. Hinzu kam, dass das Bewusstsein und die Kraft der Gemeinde nicht mehr hinreichen, um lediglich durch ein Verbot einen würdigen Verlauf der gottesdienstlichen Handlungen zu sichern. Es gibt auch Gemeindeglieder, die fotografieren.
Dennoch muss man in Gesprächen vor Gottesdiensten und Amtshandlungen Beteiligte darauf hinweisen, dass es nach wie vor Bereiche gibt, die man nicht fotografiert. In dem Maße, in dem dafür Einsicht geweckt wird, werden dann Störungen aufhören. Einsicht ist besser als Verbot.
Bei Trauungen kann man z. B. darauf hinweisen, dass nach der Trauung auch in der Kirche Aufnahmen gemacht werden können. Dasselbe gilt für Taufe und Konfirmation. Jedermann wird einsehen können, dass eine Aufnahme untersagt bleiben muss, wenn ein bestimmtes Kind oder eine bestimmte Gruppe u. a. zur Einsegnung vortritt. Es wird auch eingesehen, dass das Umhergehen oder gar Laufen und das Blitzlicht während eines Gebetes oder der Fragen und Antworten alle stören.
Auf welchen Zeitpunkt der Pfarrer ein fotografierendes Familienmitglied oder einen Angehörigen – wenn unbedingt fotografiert werden soll – hinweisen will, hängt natürlich auch vom Standort in dem betreffenden Kirchenraum ab. Es hängt auch davon ab, wieweit man „den Großeltern in Australien“ entgegenkommen will, die das Brautpaar gern vor dem Altar ihrer alten Heimatkirche sehen möchten. In diesem Fall kann man z. B. auch nach der Trauung beim Auszug des Brautpaares fotografieren oder sich nach der Trauung zum Fotografieren am Altar aufstellen.
Immer aber sollte an Einsicht und Verständnis gedacht, und es sollte nicht nur ein stures Verbot angewendet werden.
Die Anordnung betr. Fotografieren während des Gottesdienstes vom 5. 8. 1951 (GVBl. XIII. Band Seite 183) ist damit aufgehoben.
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Rundschreiben Nr. 32/1990 des Oberkirchenrates vom 19. März 1990 betr. Fotografieren während des Gottesdienstes

Für die Gottesdienste und Amtshandlungen ist in begrenztem Umfange das Fotografieren zugelassen (vergl. Rundschreiben Nr. 12 vom 12. 2. 1978).
Zur Konkretisierung aufgrund der technischen Entwicklung weisen wir auf Folgendes hin:
Der Gottesdienst und die Rücksicht auf die Gottesdienstteilnehmer erfordern auch künftig, dass bestimmte gottesdienstliche Handlungen nicht durch Film- oder Fotoaufnahmen gestört werden. Aufgrund der Entwicklung in den letzten Jahren ist aber eine differenzierte Beurteilung notwendig:
  1. Die Kirche ist an einer wirksamen Darstellung ihres Anliegens und ihres gottesdienstlichen Lebens in der Öffentlichkeit interessiert (missionarischer Aspekt).
  2. Das Foto oder der Film sind als Erinnerungsdokument auch bei kirchlichen Amtshandlungen anzuerkennen (seelsorgerlicher Aspekt).
  3. Fotografieren und Filmen ist aufgrund der heutigen Technik ohne Störung möglich (technischer Aspekt).
Bei der Entscheidung sind folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen:
  1. Christlicher Gottesdienst ist seinem Wesen nach öffentlich. Jeder ist eingeladen und hat Zutritt.
  2. Der Gottesdienst schließt die persönliche Beteiligung des einzelnen ein (Recht auf Schutz der Intimsphäre).
  3. Jedes Verhalten im Gottesdienst, das lediglich beobachtet und das Tun von Menschen registriert, steht in einer Spannung zu Sinn und Wesen des christlichen Gottesdienstes.
Bei der Entscheidung ist Folgendes zu beachten:
  1. Die Verantwortung liegt bei dem Pfarrer, der den Gottesdienst leitet. Es steht nicht im Belieben einzelner Gottesdienstteilnehmer oder Reporter, ob und wann fotografiert oder gefilmt wird.
  2. Bei Amtshandlungen und Gottesdiensten, bei denen insbesondere das persönliche und familiäre Interesse am Filmen oder Fotografieren von Bedeutung ist (z. B. bei Taufe, Trauung, Konfirmation), sollten angemessene Möglichkeiten angeboten und mit den entsprechenden Gemeindegliedern abgesprochen werden (z. B. Filmen oder Fotografieren während des Einzugs oder beim Verlassen der Kirche, während des Gemeindegesanges, insbesondere während des Eingangs- und Schlussliedes oder an der Taufstätte,
  3. Bei allem Verständnis für das Interesse der Öffentlichkeit und für entsprechende Wünsche von Gemeindegliedern muss klar sein: Es gibt gottesdienstliche Situationen und Vollzüge, bei denen Fotografieren und Filmen in jedem Falle unangemessen sind (z. B. Störungen der Andacht und Stille, Aufnahme von Betenden und Trauernden). Störungen durch Blitzlicht oder Umhergehen sollten vermieden werden.
  4. Für Funk- und Fernsehübertragungen von Gottesdiensten gelten diese Regelungen sinngemäß. Sachlich gebotene Ausnahmen, aber auch sonstige Einzelheiten sind mit dem entsprechenden Aufnahmeteam genau abzusprechen, damit mögliche Ablenkungen der Gottesdienstteilnehmer auf ein Mindestmaß beschränkt bleiben.