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Kirchengesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg (GSG)

Vom 21. November 2009,

(GVBl. 27. Band, S. 9), zuletzt geändert durch Kirchengesetz vom 30. Mai 2015 (GVBl. 27. Band, S. 215)

Die 47. Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg hat das folgende Kirchengesetz beschlossen:
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§ 1
Zielsetzung

( 1 ) Ziel dieses Gesetzes ist,
  1. die Gleichstellung von Frauen und Männern als Gemeinschaftsaufgabe in allen Bereichen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg. Sie ist besonders bei der Besetzung kirchlicher Ämter und Teilhabe in Gremien zu berücksichtigen,
  2. für Frauen und Männer die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbstätigkeit zu fördern und zu erleichtern.
( 2 ) Um die Zielsetzung dieses Gesetzes zu erreichen,
  1. sind Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass Frauen und Männer ihre Erwerbstätigkeit mit ihrer Familienarbeit vereinbaren können,
  2. sind in Entscheidungsprozessen die Sichtweisen des jeweils unterrepräsentierten Geschlechtes stärker zu berücksichtigen,
  3. ist die berufliche Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu verwirklichen und sind gleiche berufliche Chancen herzustellen,
  4. sollte in den einzelnen Besoldungs- und Entgeltgruppen einer Dienststelle eine geschlechterparitätische Besetzung angestrebt werden,
  5. ist bei der Besetzung von Gremien auf die Ausgewogenheit des Geschlechterverhältnisses hinzuwirken.
( 3 ) Dieser Auftrag wird von der Gleichstellungsbeauftragten/dem Gleichstellungsbeauftragten mit Unterstützung durch den Gleichstellungsbeirat unter Berücksichtigung historisch, gesellschaftlich und kulturell geprägter Geschlechterrollen als Teil des Auftrages zur Gestaltung von Kirche gefördert und überwacht.
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§ 2
Geltungsbereich

( 1 ) Dieses Gesetz gilt für die Beschäftigten der kirchlichen Dienststellen im Bereich der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg und in Einrichtungen der Diakonie, soweit sie sich diesem Kirchengesetz angeschlossen haben.
( 2 ) Die Bestimmungen zum Hinwirken auf die Ausgewogenheit des Geschlechterverhältnisses bei der Besetzung von Gremien sind für die Kirchengemeinden, Kirchenkreise und die Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg und ihre jeweiligen unselbststänidgen Einrichtungen verbindlich. Gleiches gilt für rechtlich selbstständige Dienste, Werke und Einrichtungen im Bereich der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg, soweit sie sich diesem Kirchengesetz angeschlossen haben.
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§ 3
Begriffsbestimmungen

( 1 ) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind Pfarrerinnen/Pfarrer, Vikarinnen/Vikare, Kirchenbeamtinnen/Kirchenbeamte, Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer, Vorpraktikantinnen/Vorpraktikanten, Praktikantinnen/Praktikanten und Auszubildende.
( 2 ) Dienststellen im Sinne dieses Gesetzes sind der Oberkirchenrat, die Gemeinsame Kirchenverwaltung, die Dienststellen der Kirchenkreise, Kirchengemeinden und der kirchlichen Verbände sowie aller übrigen rechtlich selbstständigen kirchlichen Anstellungsträger.
( 3 ) Gremien im Sinne dieses Gesetzes sind alle durch Wahl, Berufung oder Entsendung in ihrer Zusammensetzung bestimmten Personengruppen, durch die ehren-, neben-, oder hauptamtlich Funktionen oder Aufgaben für einen Rechtsträger im Bereich der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg wahrgenommen werden.
( 4 ) Für Pfarrerinnen und Pfarrer, Vikarinnen und Vikare ist der Evangelisch-Lutherische Oberkirchenrat in Oldenburg Dienststelle im Sinne dieses Gesetzes.
( 5 ) Der Gemeinsame Kirchenausschuss unterliegt bei der Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber für die Pfarrstellen ebenfalls diesem Gesetz.
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§ 4
Gleichstellungsbeirat

( 1 ) Der Oberkirchenrat beruft für jeweils fünf Jahre einen Beirat zur Förderung der Gemeinschaft von Frauen und Männern in der Kirche als Unterstützung der Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten/des Gleichstellungsbeauftragten.
( 2 ) Dem Beirat gehören neben zwei geborenen Mitgliedern, nämlich einem Mitglied des Oberkirchenrates und der Gleichstellungsbeauftragten/dem Gleichstellungsbeauftragten, weitere zwölf Mitglieder an. Der Beirat sollte geschlechtsparitätisch besetzt werden. Alle Dienststellen im Sinne des § 3 sowie Frauen- und Männergruppen, Berufsgruppen, ehrenamtliche Gruppierungen und die Mitarbeitervertretungen sowie die Pfarrervertretung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg können Vorschläge zur Berufung einbringen.
( 3 ) Bei der Zusammensetzung des Beirates sollen unterschiedliche soziale, berufliche und familiäre Belange berücksichtigt werden. Die Hälfte der Mitglieder des Beirates sollte möglichst mit ehrenamtlichen Mitgliedern besetzt werden.
( 4 ) Bei Ausscheiden eines Mitgliedes aus dem Beirat beruft der Oberkirchenrat ein neues Mitglied für den Rest der Berufungsperiode.
( 5 ) Der Beirat begleitet und fördert die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten/des Gleichstellungsbeauftragten und entwickelt mit ihr/ihm gemeinsame Arbeitsschwerpunkte. Er berät den Oberkirchenrat in Fragen, die die Gleichstellung betreffen.
( 6 ) Bei der Berufung der Gleichstellungsbeauftragten/des Gleichstellungsbeauftragten hat der Beirat ein Vorschlagsrecht und wirkt bei der Einstellung mit. Vor der Berufung ist die Pfarrervertretung sowie der Gesamtausschuss der Mitarbeitervertretungen anzuhören.
( 7 ) Der Beirat gibt sich eine Geschäftsordnung.
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§ 5
Beseitigung von Unterrepräsentanz

( 1 ) Im Einvernehmen mit der Gleichstellungsbeauftragten/dem Gleichstellungsbeauftragten wirken die Dienststellenleitungen insbesondere im Rahmen der Personalplanung und der Arbeitsorganisation auf die Beseitigung von Unterrepräsentanz hin.
( 2 ) Unterrepräsentanz liegt vor, wenn in einer Berufsgruppe, einem Verantwortungs- oder Leitungsbereich, einer Dienststelle in den jeweiligen Besoldungs- oder Entgeltgruppen deutlich weniger Angehörige des einen als des anderen Geschlechts beschäftigt sind.
( 3 ) Bei der Besetzung von Pfarrstellen, Anstellung, Einstellung, Beförderung und Übertragung einer Tätigkeit ist der Unterrepräsentanz entgegen zu wirken, sofern spezialgesetzliche Regelungen nicht vorgehen.
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§ 5a
Gremienbesetzung

( 1 ) Bei Gremienbesetzung durch Wahl ist darauf hinzuwirken, dass sich ebenso viele Frauen wie Männer zur Wahl stellen und soweit Wahlvorschlaglisten aufzustellen sind, diese die gleiche Anzahl von Frauen und Männern enthalten. Bei Wahlvorschlägen ist darauf hinzuwirken, dass eine Besetzung des jeweiligen Gremiums erreicht wird, die die Ausgewogenheit des Geschlechterverhältnisses beachtet.
( 2 ) Erfolgt die Besetzung eines Gremiums durch Berufung oder Entsendung, so sind auf die zur Verfügung stehenden Gremienplätze alternierend Frauen und Männer zu berufen.
( 3 ) Von den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 kann abgewichen werden, wenn die Anwendung aufgrund von rechtlichen oder aus tatsächlichen Gründen nicht möglich oder nicht sinnvoll ist.
( 4 ) Soweit für Gremienbesetzungen besondere Regelungen getroffen sind, durch die die Ausgewogenheit des Geschlechterverhältnisses beachtet wird, gehen diese den Regelungen dieses Gesetzes vor.
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§ 6
Aufgaben und Befugnisse

( 1 ) Die Gleichstellungsbeauftragte/der Gleichstellungsbeauftragte wirkt bei der Durchführung dieses Gesetzes mit und achtet auf die Einhaltung seiner Vorschriften. Ihr/ihm ist in allen personellen, sozialen und organisatorischen Maßnahmen, die die Gleichstellung von Frauen und Männern und die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit berühren können, rechtzeitig Gelegenheit zur Beteiligung zu geben. Zu den Maßnahmen nach Satz 2 gehören insbesondere
  1. Arbeitszeitregelungen, Teilzeitregelungen und Beurlaubungen,
  2. Einstellungen, Beförderungen und Höhergruppierungen,
  3. Zulassung zum Aufstieg in die nächst höhere Laufbahn,
  4. Versetzung sowie Abordnung von mehr als drei Monaten,
  5. die Planung und Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen,
  6. die Besetzung von und die Entsendung in Gremien,
  7. Berufungen,
  8. Stellenausschreibungen und der Verzicht auf sie,
  9. Maßnahmen der Verwaltungsreform, soweit sie Auswirkungen auf die Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen haben.
Die besonderen Vorschriften des Pfarrerdienstrechtes bleiben davon unberührt.
( 2 ) Der Gleichstellungsbeauftragten/dem Gleichstellungsbeauftragten ist in dem für die sachgerechte Wahrnehmung ihrer/seiner Aufgaben erforderlichen Umfang Einsicht in die Akten, Planungs- und Bewerbungsunterlagen zu gewähren. Personalakten sowie anlässlich von Einstellungen getroffene amtsärztliche oder psychologische Feststellungen darf die Gleichstellungsbeauftragte/der Gleichstellungsbeauftragte nur einsehen, wenn die betroffene Person im Einzelfall eingewilligt hat.
( 3 ) Sie/er ist befugt, an Vorstellungs- sowie sonstigen Personalauswahlgesprächen teilzunehmen.
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§ 7
Beanstandungsrecht

( 1 ) Hält die Gleichstellungsbeauftragte/der Gleichstellungsbeauftragte eine beabsichtigte Maßnahme nach § 6 Abs. 1 für unvereinbar mit diesem Gesetz, so kann sie/er diese Maßnahme binnen einer Woche nach ihrer Unterrichtung unter Angabe von Gründen beanstanden.
( 2 ) Bei unaufschiebbaren Maßnahmen kann die Dienststelle die Frist zur Beanstandung auf drei Arbeitstage verkürzen.
( 3 ) Eine Maßnahme darf nicht vollzogen werden, solange die Gleichstellungsbeauftragte/der Gleichstellungsbeauftragte sie noch beanstanden kann. Im Falle der Beanstandung hat die Dienststelle nach gemeinsamer Beratung mit der Gleichstellungsbeauftragten/dem Gleichstellungsbeauftragten neu zu entscheiden. Bis zu der erneuten Entscheidung darf die Maßnahme nicht vollzogen werden. Hält die Dienststelle an ihrer Entscheidung fest, so hat sie dieses schriftlich gegenüber der Gleichstellungsbeauftragten/dem Gleichstellungsbeauftragten zu begründen.
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§ 8
Initiativ- und Vorschlagsrecht

( 1 ) Die Gleichstellungsbeauftragte/der Gleichstellungsbeauftragte kann sich über die in § 6 geregelten Angelegenheiten hinaus zu fachlichen Fragen mit Relevanz für die Gleichstellung von Frauen und Männern und mit Auswirkungen auf die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienarbeit äußern.
( 2 ) Die Gleichstellungsbeauftragte/der Gleichstellungsbeauftragte kann Maßnahmen zur Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern und der Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit vorschlagen.
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§ 9
Ansprechpartnerin/Ansprechpartner für die Beschäftigten

Die Gleichstellungsbeauftragte/der Gleichstellungsbeauftragte ist unmittelbare Ansprechpartnerin/unmittelbarer Ansprechpartner für die Beschäftigten in Gleichstellungsangelegenheiten und in Angelegenheiten der Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit.
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§ 10
Synodenbericht

Die Gleichstellungsbeauftragte/der Gleichstellungsbeauftragte berichtet der Synode jährlich über den Stand der Gleichstellungsarbeit.
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§ 11
Dienstliche Stellung

( 1 ) Die Gleichstellungsbeauftragte/der Gleichstellungsbeauftragte darf in Ausübung des Amtes nicht behindert und wegen der Tätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden. Vor Kündigung, Versetzung und Abordnung ist sie/er im gleichen Umfang geschützt wie die Mitglieder der Mitarbeitervertretung. Bei der Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftragte/Gleichstellungsbeauftragter ist sie/er von fachlichen Weisungen frei.
( 2 ) Die Gleichstellungsbeauftragte/der Gleichstellungsbeauftragte ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht bei Einwilligung der oder des betroffenen Beschäftigten nicht gegenüber der Dienststellenleitung oder gegenüber in der Einwilligung bestimmten Dritten.
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§ 12
Aufhebung der Richtlinie des Oberkirchenrates

Die Richtlinie zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg vom 19. Juli 1997 wird aufgehoben.
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§ 13
Inkrafttreten

Dieses Kirchengesetz tritt am 1. 1. 2010 in Kraft.