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Kirchengesetz über die Errichtung eines Verfassungs- und Verwaltungsgerichts der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands

In der Fassung vom 1. November 1978

(ABl. VELKD Band V, S. 142)

In Ausführung von Artikel 14 der Verfassung der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands vom 8. Juli 1948 haben Generalsynode und Bischofskonferenz das nachfolgende Kirchengesetz unter Wahrung der Vorschriften von Artikel 16 Absatz 4 der Verfassung beschlossen, das hiermit verkündet wird:
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§ 1

Es wird ein Verfassungs- und Verwaltungsgericht der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands errichtet.
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§ 2

( 1 ) Das Verfassungs- und Verwaltungsgericht entscheidet
  1. über Verfassungsstreitigkeiten, die sich ergeben aus der Verfassung oder anderen Normen mit Verfassungsrang
    1. der Vereinigten Kirche, insbesondere über die Verfassungsmäßigkeit der Gesetze und Verordnungen der Vereinigten Kirche und über ihr Verhältnis zu den Gesetzen und Verordnungen der Gliedkirchen,
    2. einer Gliedkirche nach Maßgabe der Gesetzgebung dieser Gliedkirchen oder der Vereinigten Kirche im Rahmen ihrer verfassungsmäßigen Zuständigkeit.
  2. über Verwaltungsstreitigkeiten
    1. zwischen der Vereinigten Kirche einerseits und ihren Gliedkirchen sowie den der Vereinigten Kirche unmittelbar angeschlossenen Gemeinden und Werken andererseits,
    2. der Gliedkirchen sowie der der Vereinigten Kirche unmittelbar angeschlossenen Gemeinden und Werke,
    3. aus Verwaltungsakten der Vereinigten Kirche, ausgenommen vermögensrechtliche Ansprüche aus einem kirchengesetzlich geregelten Dienstverhältnis.
  3. Als Rechtsmittelinstanz über Verfassungs- und Verwaltungsstreitigkeit nach Maßgabe
    1. der Gesetzgebung der Gliedkirchen oder der Vereinigten Kirche im Rahmen ihrer verfassungsmäßigen Zuständigkeit,
    2. von Verträgen zwischen der Vereinigten Kirche einerseits und einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland, die nicht der Vereinigten Kirche angehört, oder gliedkirchlichen Vereinigungen innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland andererseits sowie der Gesetzgebung dieser Gliedkirchen oder gliedkirchlichen Vereinigungen,
  4. über alle Angelegenheiten, die dem Gericht durch Gesetzgebung der Gliedkirchen oder der Vereinigten Kirche übertragen werden.
( 2 ) Ein Antrag auf eine Entscheidung nach Absatz 1 Nr. 1 ist, soweit die Gesetzgebung der Vereinigten Kirche oder der Gliedkirchen nichts anderes bestimmt, nur zulässig, wenn der Antragsteller
  1. bei Meinungsverschiedenheiten zwischen verfassungsmäßigen Organen oder Teilen von Organen, die durch die Verfassung, andere Normen mit Verfassungsrang oder in der Geschäftsordnung der Generalsynode oder der synodalen Organe der Gliedkirchen mit eigenen Rechten ausgestattet sind, geltend macht, dass er durch eine Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners in seinen Rechten verletzt oder unmittelbar gefährdet wird,
  2. eine Rechtsnorm eines Kirchengesetzes, einer Verordnung oder einer Satzung wegen ihrer förmlichen oder sachlichen Unvereinbarkeit mit der Verfassung der Vereinigten Kirche oder deren Gliedkirche
für nichtig hält oder
für gültig hält, nachdem ein kirchliches Organ oder eine kirchliche Amtsstelle sie als unvereinbar mit der Verfassung der Vereinigten Kirche oder der Gliedkirche nicht angewendet hat.
( 3 ) Soll eine Zuständigkeit des Verfassungs- und Verwaltungsgerichts der Vereinigten Kirche durch Gesetze der Gliedkirchen begründet werden, so bedürfen diese Gesetze der Zustimmung der Kirchenleitung der Vereinigten Kirche.
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§ 3

Beteiligte vor dem Verfassungs- und Verwaltungsgericht der Vereinigten Kirche können sein:
  1. die Vereinigte Kirche und ihre verfassungsmäßigen Organe,
  2. die Gliedkirchen und ihre verfassungsmäßigen Organe,
  3. die der Vereinigten Kirche unmittelbar angeschlossenen Gemeinden,
  4. die Werke der Vereinigten Kirche,
  5. die nach der Gesetzgebung der Gliedkirchen oder der Vereinigten Kirche sonst Beteiligten.
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§ 4

( 1 ) Das Verfassungs- und Verwaltungsgericht der Vereinigten Kirche besteht aus dem rechtskundigen Präsidenten, dem rechtskundigen Vizepräsidenten und der erforderlichen Zahl weiterer rechtskundiger und geistlicher Mitglieder. Die Mitglieder des Verfassungs- und Verwaltungsgerichts der Vereinigten Kirche müssen zu kirchlichen Ämtern wählbar sein. Sie dürfen nicht Mitglieder eines Organes, Kirchenbeamte oder Angestellte der Vereinigten Kirche sein. Mitglieder eines Organes, Kirchenbeamte und Angestellte einer Gliedkirche der Vereinigten Kirche oder einer der in § 2 Absatz 1 Nr. 3b genannten Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland oder gliedkirchlichen Vereinigung sind im Einzelfall von der Mitwirkung in Verfahren ausgeschlossen, wenn ihre Gliedkirche oder gliedkirchliche Vereinigung als Partei an dem Verfahren beteiligt ist.
( 2 ) Die Mitglieder des Verfassungs- und Verwaltungsgerichts der Vereinigten Kirche werden von der Kirchenleitung im Einvernehmen mit der Bischofskonferenz für eine Amtsdauer von sechs Jahren berufen. Scheidet ein Mitglied vorzeitig aus, so gilt die Berufung eines neuen Mitglieds nur für den Rest der Amtsdauer. Bei der Berufung der Mitglieder ist die gliedkirchliche Zusammensetzung der Vereinigten Kirche tunlichst zu berücksichtigen.
( 3 ) Der Präsident des Verfassungs- und Verwaltungsgerichts der Vereinigten Kirche wird vom Vizepräsidenten, bei dessen Verhinderung von den übrigen rechtskundigen Mitgliedern in der Reihenfolge nach dem Lebensalter vertreten. Der Präsident, der Vizepräsident und das älteste geistliche Mitglied bilden das Präsidium des Verfassungs- und Verwaltungsgerichts der Vereinigten Kirche; bei Verhinderung treten für den Präsidenten und den Vizepräsidenten rechtskundige Mitglieder, für das geistliche Mitglied ein anderes geistliches Mitglied in der Reihenfolge nach dem Lebensalter ein.
( 4 ) Die Mitgliedschaft im Verfassungs- und Verwaltungsgericht der Vereinigten Kirche endet, wenn ein Mitglied sein Amt niederlegt oder wenn das Präsidium auf Antrag der Kirchenleitung durch Beschluss feststellt, dass ein Mitglied sein Amt wegen schweren Verstoßes gegen seine Pflichten verloren hat oder wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen nicht mehr ausüben kann.
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§ 5

( 1 ) Das Verfassungs- und Verwaltungsgericht der Vereinigten Kirche gliedert sich in Senate.
( 2 ) Die Senate entscheiden in der Besetzung mit dem rechtskundigen Vorsitzenden, einem geistlichen und einem rechtskundigen Mitglied.
( 3 ) Die Senate entscheiden in der Besetzung mit dem rechtskundigen Vorsitzenden, zwei geistlichen und zwei rechtskundigen Mitgliedern
  1. in Verfassungsstreitigkeiten,
  2. in Rechtsmittelverfahren, wenn das kirchliche Gericht erster Instanz in der Besetzung mit fünf Mitgliedern zu entscheiden hatte, es sei denn, dass in Verwaltungsstreitigkeiten die Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung ergeht,
  3. auf Vorlagen von Gerichten und Schlichtungsstellen der Gliedkirchen, soweit das Recht der Gliedkirchen Vorlagen an das Verfassungs- und Verwaltungsgericht der Vereinigten Kirche zulässt.
( 4 ) Das Präsidium des Verfassungs- und Verwaltungsgerichts der Vereinigten Kirche bestimmt jeweils zu Beginn der Amtsdauer von sechs Jahren (§ 4 Abs. 2 Satz 1) die Zahl und Zusammensetzung der Senate. Es regelt für jeweils zwei Jahre die Geschäftsverteilung und die Vertretung von Mitgliedern der Senate.
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§ 6

( 1 ) Die Mitglieder des Verfassungs- und Verwaltungsgerichts der Vereinigten Kirche sind an Schrift und Bekenntnis und an Recht und Gesetz gebunden. Sie führen ihr Amt in richterlicher Unabhängigkeit.
( 2 ) Der Leitende Bischof verpflichtet den Präsidenten und den Vizepräsidenten, der Präsident die Mitglieder auf ihren Dienst mit folgendem Gelöbnis:
Ich gelobe vor Gott, dem Allmächtigen und Allwissenden, dass ich die Verfassungen, Gesetze und Ordnungen der Vereinigten Kirche und ihrer Gliedkirchen achten und wahren und meine Entscheidungen ohne Ansehen der Person fällen werde.
Die Verpflichtung kann schriftlich erfolgen.
( 3 ) Eine Vergütung wird im allgemeinen nicht gewährt. Die Kirchenleitung kann in besonderen Fällen eine solche zubilligen. Sie setzt auch die Höhe der Tagegelder und Reisekosten sowie die Entschädigung für entstandenen Dienstaufwand fest.
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§ 7

( 1 ) Das schriftliche Verfahren bildet die Regel. Doch kann jederzeit mündliche Verhandlung angeordnet werden; dies soll bei allen Verfahren, in denen das Gericht nicht Rechtsmittelinstanz ist, auf Antrag geschehen.
( 2 ) Soweit das Verfassungs- und Verwaltungsgericht nicht als Rechtsmittelinstanz tätig wird, liegt es ihm ob, alle Sach- und Rechtsfragen erschöpfend zu klären.
( 3 ) Soweit die Vereinigte Kirche nicht am Verfahren beteiligt ist, ist die Kirchenleitung der Vereinigten Kirche zu hören.
( 4 ) Das Verfahren bei der Verhandlung und der Entscheidung über Rechtsmittel nach § 2 Absatz 1 Nr. 3 richtet sich nach dem Recht der dort genannten Kirchen bzw. gliedkirchlichen Vereinigungen, soweit das Recht der Vereinigten Kirche nichts anderes bestimmt.
( 5 ) Soweit für die Entscheidung des Gerichts Fragen des Bekenntnisses wesentlich sind, hat es vor der Entscheidung eine Stellungnahme der Kirchenleitung beizuziehen. Die Kirchenleitung soll in grundsätzlichen Fragen vor ihrer Stellungnahme die gutachtliche Äußerung mindestens eines Hochschullehrers lutherischen Bekenntnisses einholen.
( 6 ) Für das Verfahren im einzelnen erlässt die Kirchenleitung im Benehmen mit dem Präsidenten des Gerichtes eine Rechtsverordnung.
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§ 8

( 1 ) In den Verträgen nach § 2 Abs. 1 Nr. 3b können von diesem Kirchengesetz abweichende Bestimmungen über die Beteiligten, über die Zusammensetzung der entscheidenden Senate, über die Einholung von gutachtlichen Stellungnahmen in Fragen des Bekenntnisses und über das Verfahren vor dem Verfassungs- und Verwaltungsgericht getroffen werden.
( 2 ) Die Verträge sind im Amtsblatt der Vereinigten Kirche zu veröffentlichen.
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§ 9

Die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Verordnungen erlässt die Kirchenleitung.1#

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1 ↑ Rechtsverordnung zur Ausführung des Kirchengesetzes über die Errichtung eines Verfassungs- und Verwaltungsgerichts (Verfahrensordnung) vom 14. Februar 1977 (ABl. Bd. V, S. 23).