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Anordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Beschränkung alter Rechte an Grabstellen vom 5. Dezember 1967 und des Gesetzes zur Ergänzung dieses Gesetzes vom 26. Mai 1971

Vom 20. Oktober 1971

(GVBl. 17. Band, S. 109)

Die 38. Synode hat auf ihrer Herbsttagung 1967 ein Gesetz über die Beschränkung alter Rechte an Grabstellen verabschiedet (GVBl. XVI. Bd., Seite 170, Nr. 120). Danach werden die Rechte an Grabstellen auf die Höchstdauer von 40 Jahren begrenzt; sie können nach Maßgabe der Friedhofsordnung verlängert werden. Sofern sie nicht rechtzeitig verlängert worden sind, erlöschen
  1. alle bis zum 31. Dezember 1932 erworbenen Nutzungsrechte – also alle Rechte, die bei Inkrafttreten des Gesetzes älter als 40 Jahre sind – am 31. Dezember 1972 und
  2. alle nach dem 31. Dezember 1932 erworbenen Nutzungsrechte spätestens 40 Jahre nach ihrem Erwerb.
Ist eine solche Grabstelle belegt und überschreitet die Ruhefrist die Dauer des Nutzungsrechts, so erlischt das Nutzungsrecht für diese Grabstelle erst mit Ablauf des Jahres, in dem die Ruhefrist endet.
Unter Grabstelle im Sinne des Gesetzes ist das einzelne Grab zu verstehen.
Aufgrund mehrerer Einsprüche von Gemeindegliedern und der Stellungnahmen der Gemeindekirchenräte hat die 39. Synode auf ihrer Frühjahrstagung 1971 ein Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes über die Beschränkung alter Rechte an Grabstellen erlassen; es gibt unter besonderen Voraussetzungen einzelnen Kirchengemeinden die Möglichkeit, § 1 Absatz 2 und § 2 des Gesetzes von 1967 nicht zur Anwendung zu bringen.
Das Gesetz zur Beschränkung alter Rechte ist verabschiedet worden, um dem Mangel an Grabplätzen auf unseren Friedhöfen abzuhelfen und um aufgrund einer einheitlichen Rechtsgrundlage alle Grabstelleninhaber gleichmäßig an den Lasten der Friedhöfe zu beteiligen. Auf unseren Friedhöfen sind seit alters her eine große Zahl der Grabstellen auf unbegrenzte Zeit ausgegeben worden. Häufig haben Nutzungsberechtigte 10 und mehr Grabstellen, obwohl davon nur 2 bis 4 Grabstellen für Beisetzungen der betreffenden Familien benötigt werden. 10 Eine große Anzahl von Kirchengemeinden war aus diesem Grunde gehalten, eine Neuanlage des Friedhofs oder eine Friedhofserweiterung vorzunehmen, obwohl noch sehr viele unbelegte, also freie Grabstellen, auf dem Friedhof vorhanden waren. 11 Die Inhaber dieser alten Rechte haben bis vor wenigen Jahren für die Unterhaltung der Friedhöfe keine Beiträge geleistet. 12 Erst neuerdings werden sie zum Teil mit der sog. Friedhofsunterhaltungsgebühr herangezogen. 13 Die Rechtsprechung und die einschlägige Literatur gehen davon aus, dass die Rechte an solchen Grabstellen nicht privatrechtlichen (Eigentum), sondern öffentlich-rechtlichen Charakter haben und die Benutzungsbedingungen, wenn es erforderlich ist, eingeschränkt werden können, ohne dass die Inhaber einen Entschädigungsanspruch haben. 14 Zur Vermeidung von Härten soll das Nutzungsrecht bei belegten Gräbern, für die die Ruhezeit (Verwesungszeit) noch nicht abgelaufen ist, erst nach Ablauf der Ruhezeit enden. 15 Damit sich die Nutzungsberechtigten auch finanziell auf die Zahlung der Verlängerungsgebühren einstellen können, erschien es gleichzeitig geboten, eine angemessene Frist festzulegen. 16 Die Nutzungsrechte an den Grabstellen enden, sofern nicht bei Zahlung der jeweils gültigen Gebühren um Verlängerung nachgesucht wird, am 31. Dezember 1972 oder bei späterem Erwerb 40 Jahre nach dem Erwerb.
17 Bei der Verabschiedung des Ergänzungsgesetzes ist die Synode davon ausgegangen, dass das Gesetz von 1967 in der überwiegenden Zahl der Kirchengemeinden zur Anwendung kommen kann und muss; Ausnahmen nach dem Ergänzungsgesetz sollen nur dort Platz greifen, wo gegen die Durchführung des Gesetzes von 1967 objektiv erhebliche Schwierigkeiten bestehen.
18 Die Durchführung beider Gesetze bringt für die Kirchengemeinden eine erhebliche Verwaltungsarbeit mit sich, weil zunächst die Grabregister auf den heutigen Stand gebracht werden müssen, was teilweise nur durch ein Aufgebotsverfahren möglich ist. 19 Im Übrigen gelten für die Durchführung der Gesetze folgende Ausführungsbestimmungen:
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I. Gesetz vom 5. 12. 1967

  1. Anhand des Grabregisters ist festzustellen, welche Nutzungsrechte unter § 2 Absatz 1 Buchstabe a des Gesetzes vom 5. 12. 1967 fallen.
    Für die Berechnung der Nutzungszeit ist grundsätzlich die erstmalige Ausgabe des Gebrauchsrechts maßgebend. Eine Vererbung oder Weiterveräußerung hat auf die Berechnung der abgelaufenen Nutzungszeit keinen Einfluss. Eine Ausnahme besteht im Falle der Weiterveräußerung des Rechts nach Art. 1 § 2 Absatz 3 des Gesetzes betr. die Benutzung der Kirchenstühle und Grabstellen in der Fassung des Gesetzes vom 29. 1. 1913 und 15. 2. 1928 (GVBl. Bd. VII, S. 296 und Bd. X, S. 244), wenn die dort genannten Voraussetzungen für einen gültigen Verkauf voll erfüllt sind. In diesem Falle wird die Dauer des Rechts von dem Zeitpunkt der Veräußerung an gerechnet.
  2. Die Inhaber der gemäß Ziffer 1 festgestellten Nutzungsrechte sind auf das Gesetz über die Beschränkung alter Rechte an Grabstellen und dessen Rechtsfolgen hinzuweisen mit der Anheimgabe, spätestens bis zum 31. 12. 1972 eine Verlängerung des Nutzungsrechts gegen Zahlung der dann für Wahlgräber geltenden Gebühren zu beantragen. Ein Hinweis auf eine stillschweigende Verlängerung der Nutzungszeit bei noch nicht abgelaufener Ruhefrist (Verwesungszeit) ohne Zahlung von Gebühren sollte ebenfalls gegeben werden. Es wird empfohlen, für die Mitteilung an die Nutzungsberechtigten den Text des beigefügten Entwurfs zu verwenden.
  3. Soweit der Nutzungsberechtigte an Hand des Grabregisters nicht festgestellt werden kann, ist ein Aufgebotsverfahren gemäß Art. 13 des Gesetzes betr. die Benutzung der Kirchenstühle und Grabstellen in der Fassung vom 29. 1. 1913 und 15. 2. 1928 (GVBl. Bd. VII, S. 296 und Bd. X, S. 244) durchzuführen. Auf Art. 10 des vorgenannten Gesetzes wird besonders hingewiesen, wonach bei Umschreibung die Urkunden über den Erwerb des Nutzungsrechts oder die sonstigen Nachweise vorzulegen sind. Ein Nachweis kann in der Regel nur durch Vorlage eines Erbscheins oder eines Testaments oder durch Verzichtserklärung der übrigen Erben erbracht werden.
    Nach Durchführung eines Aufgebotsverfahrens ist darauf zu achten, dass die betr. Grabstellen innerhalb der nächsten 2 Jahre, gerechnet vom Tage der Veröffentlichung des Ausschlussbescheides an, nicht belegt werden, weil unter Umständen von den Nutzungsberechtigten gem. Art. 13 des vorgenannten Gesetzes in dieser Zeit die Wiedereinsetzung in die bisherigen Rechte beantragt werden kann.
  4. Bei Grabkellern ist, soweit ein Antrag auf Verlängerung des Nutzungsrechts gestellt wird, darauf hinzuwirken, dass die Grabkeller erforderlichenfalls zunächst in einen ordnungsgemäßen Zustand gebracht werden (Art. 7 § 2 des Gesetzes betr. die Benutzung der Kirchenstühle und Grabstellen vom 29. 1. 1913 und 15. 2. 1928).
    Umfasst ein Grabkeller mehrere Grabstellen, so ist die Verlängerung grundsätzlich für alle Grabstellen zu beantragen. In begründeten Härtefällen kann eine Verlängerung auch auf einzelne Grabstellen des Grabkellers beschränkt werden. In diesen Fällen ist jedoch eine Bestattung über die Zahl der verlängerten Grabstellen hinaus nicht zulässig, es sein denn, dass zuvor eine zusätzliche Gebühr entrichtet wird.
  5. Zum Hof gehörende Grabstellen (sog. Pertinenzen) unterliegen ebenfalls dem Gesetz über die Beschränkung alter Rechte an Grabstellen, d. h. auch diese Grabstellen fallen an die Kirchengemeinde zurück, falls sie nicht bis zum 31. 12. 1972 verlängert worden sind. Der Nachweis einer Pertinenz kann geführt werden, entweder durch eine eindeutige Eintragung im Grabregister oder durch sonstige Urkunden, z. B. Eintragungen im Grundbuch. Ist im Grabregister beispielsweise als Nutzungsberechtigte die Hofstelle als solche verzeichnet, so muss angenommen werden, dass es sich um eine Pertinenz handelt. In diesem Falle bewirkt der Übergang des Hofes auf den neuen Hofeigentümer auch den Übergang des Rechts an der Grabstelle. Ist dagegen eine Privatperson im Grabregister verzeichnet, so ist das Recht als personengebunden zu betrachten, d. h., dass der Verkauf der Hofstelle sich auf das Nutzungsrecht nicht auswirkt; der bisherige Nutzungsberechtigte bleibt auch nach der Veräußerung der Hofstelle Inhaber des Nutzungsrechts an der Grabstelle.
  6. Soweit Kirchengemeinden Vermächtnisse übernommen haben, die mit einem Pflegeauftrag für Grabstellen gekoppelt sind, ist zunächst zu prüfen, in welcher Höhe dafür noch ein Kapitalbetrag zur Verfügung steht. Bei Ablauf der Nutzungszeit muss dann zunächst, um eine Verlängerung des Nutzungsrechts herbeizuführen, die fällige Gebühr aus dem noch vorhandenen Kapitalbetrag bezahlt werden. Reicht der vorhandene Betrag für eine Verlängerung auf 30 oder 40 Jahre (je nach Satzung der Kirchengemeinde) einschließlich der Berücksichtigung der Kosten für die Pflege der Grabstelle in dieser Zeit nicht aus, so ist eine Verlängerung des Nutzungsrechts nur für die Zeit herbeizuführen, für die der vorhandene Restbetrag des Vermächtnisses ausreicht. Ist dagegen der gesamte Betrag aufgebraucht, so ist die Kirchengemeinde von der Verpflichtung zur Leistung frei.
  7. Die auf den Grabstellen befindlichen Denkmäler sind, falls das Nutzungsrecht nicht verlängert wird, mit einer Frist von mindestens 3 Monaten den bisherigen Nutzungsberechtigten zur Verfügung zu stellen. Für die Beseitigung von Grabdenkmälern, insbesondere auch von Grabkellern ist zunächst zu prüfen, ob das Denkmal oder der Friedhof unter Denkmalschutz steht. In diesem Falle sind der Oberkirchenrat und die Denkmalschutzbehörde einzuschalten. Im Übrigen ist zu prüfen, ob die Denkmäler oder Grabkeller auch unabhängig vom Bestehen eines Denkmalschutzes erhaltungswürdig sind.
  8. Bezüglich der Rechte, die gemäß § 2 Absatz 1 Buchstabe a nach dem 31. 12. 1972 erlöschen, ist nach Ablauf der Nutzungszeit entsprechend zu verfahren.
  9. Zur Vermeidung von Härten kann den Nutzungsberechtigten für die Zahlung der Verlängerungsgebühr in begründeten Fällen eine Gebührenermäßigung oder eine angemessene Ratenzahlung angeboten werden.
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II. Ergänzungsgesetz vom 26. 5. 1971

10.
Besondere örtliche Verhältnisse im Sinne des § 1 Satz 1 Ergänzungsgesetz, die eine Ausnahme zulassen, sind in der Regel nur beim Vorhandensein einer Vielzahl von Grabkellern gegeben.
Der Oberkirchenrat wird bei der Erteilung der Genehmigung an das Vorhandensein besonderer örtlicher Verhältnisse einen strengen Maßstab anlegen.
11.
Die Höhe der Unterhaltungsgebühren soll, auf den gleichen Zeitraum bezogen, der Höhe der Gebühren für Wahlgräber entsprechen. Sie können als einmalige oder laufende Gebühren erhoben werden. Im letzteren Falle empfiehlt sich, aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung die Gebühr jeweils für einen Zeitraum von mindestens 5 Jahren zu heben.
12.
Der Beschluss des Gemeindekirchenrats bedarf nach § 2 des Ergänzungsgesetzes in Abweichung von der üblichen Regelung der Mehrheit aller Mitglieder des Gemeindekirchenrats und nicht nur der abstimmenden Mitglieder. Nach Art. 26 Absatz 1 Nr. 9 der Kirchenordnung ist der Beschluss öffentlich auszulegen. Wegen der besonderen Anforderungen, die von der Rechtsprechung an die Veröffentlichung der Friedhofssatzung gestellt werden, wird empfohlen, den Beschluss mindestens 8 Tage öffentlich auszulegen und folgende Erfordernisse zu beachten:
Die Satzung ist im vollen Wortlaut der Öffentlichkeit durch Aushang im Gitterkasten bekanntzugeben.
Die Öffentlichkeit ist durch vorherige Kanzelabkündigung und Bekanntmachung in der Tageszeitung unter der Rubrik „Amtliche Bekanntmachung“ auf den Aushang hinzuweisen.
Der Tag des Inkrafttretens der Satzung ist ebenfalls bekanntzugeben.
13.
Der Beschluss des Gemeindekirchenrats wird erst nach Genehmigung des Oberkirchenrats wirksam.
14.
Aus dem Sinn beider Gesetze folgt, dass eine Ausnahmeregelung nach dem Ergänzungsgesetz nur vor dem Ablauf der im § 2 des Gesetzes von 1967 genannten Frist, also vor dem 31. 12. 1972, getroffen werden kann. Zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Verfahrens sind Beschlüsse nach dem Ergänzungsgesetz spätestens
bis zum 1. August 1972
dem Oberkirchenrat zur Genehmigung vorzulegen. Die Genehmigung später vorgelegter Beschlüsse kann nicht in Aussicht gestellt werden; eine Genehmigung erst nach dem 31. 12. 1972 gefasster Beschlüsse ist nicht möglich.