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Geltungszeitraum von: 01.01.1865

Geltungszeitraum bis: 31.12.2017

Gesetz betr. die Benutzung der Kirchenstühle und Grabstellen1# – Auszug –

Vom 16. Dezember 1864

In der Neufassung vom 7. Februar 1913 (GVBl. 7. Band, S. 296), zuletzt geändert am 15. Februar 1928

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I. Von Kirchenstühlen und Grabstellen im Allgemeinen

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Artikel 1

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§ 1

Sämtliche Kirchenstühle in den Kirchen, sowie sämtliche Grabstellen auf den Kirchhöfen einer Kirchengemeinde gehören zum Kirchenvermögen dieser Gemeinde und stehen unter der Aufsicht des Kirchenrats.
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III. Von der Benutzung der Grabstellen insbesondere

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Artikel 5

Die Verwesungszeit beträgt bei allen Grabstellen für Leichen von Kindern bis zum vollendeten 5. Lebensjahre zehn, für Leichen älterer Personen fünfundzwanzig Jahre, vom Tage der Beerdigung an gerechnet. Vor Ablauf der Verwesungszeit darf die Grabstelle nicht zu einer anderen Beerdigung benutzt werden. Diese Bestimmung findet keine Anwendung auf Grabkeller.
Aschenurnen können in Grabstellen beigesetzt werden. Eine Beisetzung, welche in der Weise erfolgt, dass die Urne äußerlich sichtbar bleibt, bedarf der Zustimmung des Kirchenrats. Die Zustimmung kann allgemein erteilt werden.
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Artikel 7

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§ 1

Ohne Genehmigung des Kirchenrats darf kein Gewölbe, Keller oder Grab angelegt oder geöffnet, keine Aschenurne aufgestellt, kein Denkmal und keine Einfriedigung gesetzt, keine Inschrift angebracht und kein Baum gepflanzt werden.
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§ 2

Der Kirchenrat ist befugt, von den Besitzern der Grabstellen zu verlangen, dass sie innerhalb einer zu bestimmenden Frist verfallene Grabstellen, Denkmäler und Einfriedigungen auf ihre Kosten wieder herstellen oder ganz entfernen und überhaupt diejenigen Einrichtungen treffen, welche durch Beschluss des Kirchenrats im allgemeinen Interesse für notwendig oder zweckmäßig erachtet werden. Zeigt sich ein Besitzer darin säumig, so wird auf seine Kosten das Erforderliche vom Kirchenrate ausgeführt. Werden die vom Kirchenrate für den Besitzer aufgewandten Kosten innerhalb einer zu bestimmenden Frist nicht erstattet, so wird der Besitzer nochmals unter Hinweis auf den drohenden gesetzlichen Nachteil zur Zahlung aufgefordert. Bleibt auch diese Aufforderung ohne Erfolg, so wird angenommen, dass der Besitzer auf sein Recht verzichtet. Das Gebrauchsrecht fällt wieder an die Kirche zurück; jedoch sind den früheren Besitzern die auf der Grabstelle befindlichen Denkmäler mit einer Frist von mindestens drei Monaten zur Verfügung zu stellen.
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Artikel 8

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§ 3

Besondere Kirchhofsordnungen können vom Kirchenrat mit Genehmigung des Oberkirchenrats erlassen werden.
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IV. Von der Führung der Kirchenstuhlregister und der Grabregister und von der Umschreibung in den Registern

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Artikel 9

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§ 1

Über die Besitzer der einzelnen Kirchenstühle und Grabstellen ist ein Kirchenstuhlregister und ein Grabregister zu führen, deren Einrichtung durch eine nähere Vorschrift des Oberkirchenrats zu bestimmen ist. Außerdem ist ein Beerdigungsregister zu führen, woraus nach näherer Vorschrift des Oberkirchenrats zu ersehen sein muss, wann die einzelnen Grabstellen benutzt und welche Leichen darin beigesetzt sind.
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§ 2

Der Kirchenrat bestimmt, wer mit der Führung dieser Register zu beauftragen ist.
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Artikel 10

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§ 1

Wer Kirchenstühle oder Grabstellen besitzt oder erwirbt, hat ihre Umschreibung auf seinen Namen innerhalb dreier Monate, von dem Besitzübergang an gerechnet, nachzusuchen. Dabei sind die Urkunden, aus denen der Erwerb hervorgeht, oder die sonstigen Nachweise vorzulegen.
Die Änderung des Familiennamens eines Besitzers ist, was die Verpflichtung, die Umschreibung nachzusuchen, angeht, wie die Veränderung der Person des Besitzers zu behandeln.
Sind oder werden in das Register mehrere Besitzer eingetragen, so sind sie aufzufordern, innerhalb einer vom Kirchenrat festzusetzenden Frist eine Person namhaft zu machen, welche sie der Kirchengemeinde gegenüber vertritt.
Diese Person ist ebenfalls einzutragen. Kommen die Besitzer dieser Aufforderung nicht nach, so ist sie auf Kosten der Säumigen zu wiederholen, unter der Verwarnung, dass im Fall der Nichtbefolgung eine Ordnungsstrafe erkannt werden wird. Bleibt auch diese Aufforderung unbeachtet, so kann der Kirchenrat je nach den Umständen des Falls auf eine Ordnungsstrafe von erkennen. Kommen die Besitzer auch dieser Aufforderung nicht nach, so ist ihnen vom Kirchenrate eine neue Frist zu setzen unter der Verwarnung, dass sie bei Nichterfüllung ihrer Verpflichtung ihres Gebrauchsrechtes verlustig gehen werden. Nennen sie auch innerhalb dieser Frist keinen Bevollmächtigten, so können sie durch Beschluss des Kirchenrats mit Genehmigung des Oberkirchenrats ihrer Rechte verlustig erklärt werden. Jedoch kann die Wiedereinsetzung in die bisherigen Rechte innerhalb zweier Jahre nach der letzten Aufforderung beim Kirchenrat beantragt werden und ist zu gewähren, wenn bei Einbringung des Antrages ein Bevollmächtigter genannt wird.
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§ 2

Die Umschreibung (§ 1) dient nur zur Aufrechterhaltung der Ordnung in den Registern und zum Nachweise des Rechts des Besitzers dem Kirchenrate gegenüber, unbeschadet der Rechte dritter Personen.
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§ 3

Eine Veränderung des Besitzers ist als eingetreten anzusehen und die im § 1 vorgeschriebene dreimonatige Frist beginnt zu laufen:
  1. für Erben oder Vermächtnisnehmer vom Todestage des Erblassers, es sei denn, dass ihnen der Anfall von Kirchenstühlen oder Grabstellen nachweisbar erst später zur Kunde gekommen ist, in welchem Falle der letztere Zeitpunkt entscheidet. Befinden sich unter den Erben Personen, welche unter Vormundschaft zu stellen sind, so beginnt für diese die Frist nicht vor der Bestellung des Vormundes;
  2. wenn die Veränderung infolge eines Vertrages oder einer Entscheidung eingetreten ist, vom Tage des Eigentumsüberganges oder der Rechtskraft der Entscheidung an;
  3. wenn die Veränderung von besonderen Bedingungen oder Voraussetzungen, z. B. Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, Tod einer Person usw. oder vom Ablauf einer gewissen Zeit abhängig ist, mit dem Eintritt der Bedingungen oder Voraussetzungen oder mit dem Zeitablauf.
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§ 4

Wenn unter mehreren Erben das Erbrecht streitig oder der besondere Erbe eines Kirchenstuhls oder einer Grabstelle ungewiss ist, so ist die Umschreibung zunächst auf die Gesamtheit der Erben zu bewirken, ohne dass sie einzeln benannt zu werden brauchen, nach Ermittelung des wirklichen Erben aber auf diesen.
In anderen Fällen streitiger Berechtigung ist die Umschreibung auf denjenigen, welcher sich im Besitze der Berechtigung befindet, zu vollziehen.
In den Fällen der Absätze 1 u. 2 ist eine Bemerkung über das Streitverhältnis beizufügen.
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§ 5

Ist zur Beschaffung der Umschreibung die Beibringung von Urkunden erforderlich, so wird der Beginn der dreimonatigen Frist dadurch nicht gehemmt.
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Artikel 11

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§ 1

Die Umschreibung besorgt auf Anordnung des Kirchenrats der Registerführer, dem für jeden Fall, der eine besondere Eintragung erforderlich macht, eine Gebühr von von dem neuen Besitzer zu entrichten ist. Durch gemeinsamen Beschluss des Kirchenrats und des Kirchenausschusses kann bestimmt werden, dass die Gebühr in die Kirchenkasse fließen soll.
Über die erfolgte Umschreibung ist dem neuen Besitzer auf Verlangen eine Bescheinigung kostenfrei auszustellen.
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§ 2

Der Kirchenrat hat von Amts wegen dafür zu sorgen, dass rückständige Umschreibungen nachgeholt werden, und der Registerführer ist verbunden, ihm bekannt gewordene Rückstände dem Kirchenrate anzuzeigen.
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§ 3

Der bisherige Besitzer ist berechtigt, die vollzogene Veränderung zur Kunde des Kirchenrats zu bringen. Der Kirchenrat ist dann verpflichtet, den neuen Besitzer zur Umschreibung zu veranlassen, falls dieser seiner Verpflichtung in der vorgeschriebenen Frist nicht genügt.
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Artikel 12

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§ 1

Wird die dreimonatige Frist, in welcher die Umschreibung erfolgen soll (Artikel 10 §§ 1, 3, 4 u. 5), nicht eingehalten, so ist der Säumige aufzufordern, die Umschreibung innerhalb einer zu bestimmenden weiteren Frist nachzuholen. Kommt er dieser Aufforderung nicht nach, so ist sie auf Kosten des Säumigen zu wiederholen unter Hinweis darauf, dass im Falle der Nichtbefolgung eine Ordnungsstrafe erkannt werden wird. Bleibt auch diese Aufforderung unbeachtet, so kann der Kirchenrat je nach den Umständen des Falles auf eine Ordnungsstrafe von erkennen, deren Betrag in die Kasse der kirchlichen Armenpflege fließt. Bleibt diese Ordnungsstrafe unwirksam, so kann der Säumige durch Beschluss des Kirchenrats mit Genehmigung des Oberkirchenrats seiner Rechte an den Kirchenstühlen und Grabstellen verlustig erklärt werden, jedoch hat zuvor eine dritte Aufforderung unter Androhung dieses Rechtsnachteils zu erfolgen.
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Artikel 13

Bei der Anfertigung neuer und zur Berichtigung bestehender Register ist der Kirchenrat befugt, die Berechtigten zur Anmeldung ihrer Rechte öffentlich aufzufordern mit der Wirkung, dass diejenigen, welche ihre Rechte innerhalb einer bestimmten Frist nicht angemeldet haben, dieser Rechte verlustig gehen. Eine solche Aufforderung zur Anmeldung von Rechten ist jedoch nur zulässig, wenn es trotz sorgfältiger Nachforschung nicht möglich war, die Berechtigten in anderer Weise zu ermitteln.
Die öffentliche Aufforderung muss durch Anschlag im Gitterkasten und durch Verkündigung im Gottesdienst an zwei Sonntagen, sowie durch zweimalige Bekanntmachung in den Oldenburgischen Anzeigen und einer oder mehreren andern vom Kirchenrat zu bestimmenden Zeitungen mit einem Zwischenraum von einer Woche erfolgen. Die Aufforderung muss die Verwarnung enthalten, dass diejenigen, welche sich innerhalb der vom Kirchenrat gesetzten Frist nicht gemeldet haben, ihrer Rechte an den Kirchenstühlen oder Grabstellen verlustig erklärt werden sollen. Die Frist beträgt mindestens drei Monate. Ist sie verstrichen, ohne dass der Berechtigte sich gemeldet hat, so ist er durch Ausschlussbescheid des Kirchenrats seiner Rechte verlustig zu erklären.
Bevor der Ausschlussbescheid erfolgt, ist sorgfältig zu prüfen, ob alle Voraussetzungen für ihn vorliegen. Die Verhandlungen sind sodann zunächst dem Oberkirchenrat mit erläuterndem Bericht vorzulegen. Der Oberkirchenrat kann dem Kirchenrat die Anstellung weiterer Ermittlungen aufgeben.
10 Gegen den Ausschlussbescheid kann innerhalb zweier Jahre die Wiedereinsetzung in die bisherigen Rechte beim Kirchenrat beantragt werden. 11 Sie ist zu gewähren, wenn erhebliche Billigkeitsgründe dafür sprechen.

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1 ↑ Dieses Gesetz fand aufgrund gesetzl. Sonderregelung teilweise keine Anwendung für die Kirchengemeinden Großenkneten, Neuende, Nordenham, Oldenburg u. Osternburg